Heidelberg, den 28.06.2018

Anfrage Nr.: 0063/2018/FZ
Anfrage von: Stadtrat Niebel
Anfragedatum: 21.06.2018


Altersuntersuchung der UMA

Schriftliche Frage:

  1. Wann reagieren sie Herr Oberbürgermeister Würzner auf die von der Bevölkerung geforderte Altersuntersuchung der 113 UMA´s in Heidelberg? Konsequent wäre jetzt, alle Altfälle von Minderjährigen zu prüfen und zu korrigieren. Auch erneute Prüfung von zugesagtem Schutzstatus ist nötig. Die Fehler der Vergangenheit gehören korrigiert.
  2. Wie beurteilt die Stadt Heidelberg die Schätzungen der Jugendämter Stuttgart, dass ein Drittel der „Minderjährigen“ in Wahrheit volljährig sind? Wie beurteilt die Stadt Heidelberg die Tatsache, dass in Mannheim ALLE überprüften „Minderjährigen“ volljährig sind? Plant die Stadt Heidelberg auf diese Erkenntnisse Konsequenzen und wenn ja, welche?

Antwort:

Die Alterseinschätzung von potentiell minderjährigen unbegleiteten Flüchtlingen/ Ausländern erfolgt im Rahmen der vorläufigen Inobhutnahme auf Grundlage der bundesgesetzlichen Regelungen des Sozialgesetzbuchs (SGB) VIII. Kommt sie zu dem Ergebnis, dass die unbegleitete ausländische Person volljährig ist, wird die vorläufige Inobhutnahme beendet. Ergibt die Alterseinschätzung, dass die unbegleitete ausländische Person minderjährig ist oder können Zweifel an der Volljährigkeit nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeräumt werden, gilt die Person als unbegleiteter minderjähriger Ausländer.

Die Minderjährigkeit beziehungsweise das Alter der UMA ist gemäß bundesgesetzlicher mittels einer „qualifizierten Inaugenscheinnahme“ einzuschätzen und festzustellen (Einsichtnahme in Ausweispapiere oder andere Dokumente erfolgt, sofern vorhanden).

Die Alterseinschätzung wird entsprechend der gesetzlichen Regelung von den spezialisierten Fachkräften des Sozialen Dienstes im Kinder- und Jugendamt vorgenommen.

Die Prüfung erfolgt gemäß der „Handlungsempfehlungen zum Umgang mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen der Bundesarbeitsgemeinschaft Landesjugendämter“ (2014) – an denen sich das Kinder- und Jugendamt orientiert – nach dem „Vier-Augen-Prinzip“ in einem persönlichen Gespräch mit dem/ der Minderjährigen durch zwei sozialpädagogische Fachkräfte des Jugendamtes. Grundsätzlich ist immer auch ein Dolmetscher beteiligt.

In Zweifelsfällen kann das Jugendamt entweder auf Antrag des Betroffenen oder seines Vertreters oder von Amts wegen eine ärztliche Untersuchung zur Altersbestimmung veranlassen. Dieses findet aber in der Praxis kaum Anwendung, da Einigkeit dahingehend besteht, dass die ärztlichen Untersuchungsmethoden sehr invalide sind (z.B. 3-jährige Spannbreite bei einer Handwurzeluntersuchung) und vor allem die Landesärztekammer B-W (wird auch von der Bundesärztekammer so bestätigt) am 25. Juli 2015 folgenden Beschluss gefasst hat:

Die Landesärztekammer Baden-Württemberg stellt fest, dass zur Altersbestimmung von unbegleiteten jugendlichen Asylbewerbern medizinische Methoden wie radiologische Untersuchungen der Handwurzelknochen, des Schlüsselbein-Brustbein-Gelenks oder des Zahnstatus sowie die Inaugenscheinnahme des Genitalbereichs als ungeeignet erachtet werden. Dafür gibt es keine medizinische Indikation.“

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die erfolgten Altersfeststellungen rechtsverbindlich sind und keiner erneuten Überprüfung bedürfen. Dieses wurde bereits in der Sitzung des Jugendhilfeausschusses vom 08.03.2018 abschließend thematisiert.

Nicht nachvollziehbar ist die Aussage in Bezug auf „die Schätzungen der Jugendämter Stuttgart, dass ein Drittel der „Minderjährigen“ in Wahrheit volljährig sind“.

Eine solche Aussage des Jugendamtes Stuttgart ist der Verwaltung nicht bekannt – diese Aussage bezieht sich darauf, dass etwa ein Drittel aller potentiellen UMA (das heißt derjenigen, die zunächst angeben minderjährig zu sein), bei denen eine Altersfeststellung durchgeführt wird, als Volljährig festgestellt werden. Diese werden dann aber auch nicht in das System der Jugendhilfe überführt, sondern als erwachsene Flüchtlinge behandelt. Diese Zahl entspricht im Übrigen auch den Erfahrungen in Heidelberg. Auch hier wurden im Jahr 2017 33% aller mutmaßlichen UMA im Rahmen der Altersfeststellung als volljährig eingestuft und nicht dem Jugendhilfesystem zugeführt.

Die Stuttgarter Aussage kann aber keinesfalls so interpretiert werden, dass ein Drittel derjenigen, die tatsächlich als minderjährig festgestellt sind, in Wahrheit volljährig sind.

 

 

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